Unter Blitzlichtgewitter hängt Markus Söder am 1. Juni 2018 im Eingangsbereich der Bayerischen Staatskanzlei ein Kreuz auf. Vorausgegangen war diesem Tag der sogenannte Kreuz-Erlass: Im Eingangsbereich aller Dienstgebäude des bayerischen Freistaats soll von nun an gut sichtbar ein Kreuz hängen. „Bayern halt“, mag man denken. Doch nicht nur im Süden unseres Landes gibt es solche Verbindungen zwischen Religion und Staat. Bundesweit werden sie sichtbar, wenn Kinder zum Religionsunterricht gehen oder bis zu neun Prozent des Gehaltes als Kirchensteuer abgeführt werden.
Konträr dazu stehen richterliche Beschlüsse, die eine striktere Trennung von Staat und Religion unterstreichen. So ist es beispielsweise Lehrerinnen untersagt, ein Kopftuch in der Schule zu tragen oder Kruzifixe ins Klassenzimmer zu hängen. Das deutsche Grundgesetz sieht auch keine Staatskirche vor, sondern verpflichtet sich zu religiös-weltanschaulicher Neutralität.
Dennoch kann der Staat einen gewaltigen Einfluss auf Religionsgemeinschaften haben – und zwar nicht nur der deutsche. So finanzieren ausländische Regierungen nicht selten den Bau von Moscheen oder entsenden Imame. In einzelnen Fällen wurde dadurch auch politischer Einfluss in den Gemeinden erkauft.
Politische Themen in der Moschee, Kirche oder Synagoge sind keine Seltenheit: Von Flüchtlingspolitik über gleichgeschlechtliche Ehe bis hin zu Missbrauchsfällen. Oftmals ergibt sich daraus für Religionsgemeinschaften ein Dilemma: Auf der einen Seite wird gefordert, dass Religion in der Politik nichts zu suchen habe. Auf der anderen Seite wird moniert, dass sich die Glaubensgemeinschaften zu politischen Themen nicht positionieren, etwa in Folge von Terroranschlägen.
Wo verläuft in Deutschland die Trennlinie zwischen Staat, Kirche, Moschee und Synagoge? Ist das Modell des deutschen Säkularismus noch zeitgemäß? Oder sollte sich Deutschland den französischen Laizismus zum Vorbild nehmen? Brauchen wir weniger Religion in der Politik oder mehr Politik in der Religion? Oder beides? Diese Fragen diskutierte am 28. Januar 2019 im Ruhrturm Essen anlässlich eine Tagung der Bundeszentrale für politische Bildung Dr. Ulrike Spohn (Politikwissenschaftlerin), Dr. Andreas Goetze (Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz), Eren Güvercin (freier Journalist und Vorstandsmitglied der Alhambra Gesellschaft) und Arik Platzek (Humanistischer Verband). Die Moderation hatte Susanne Fritz, Journalistin für u. a. die Sendereihe „Tag für Tag“ im Deutschlandfunk.
Hier eine Aufzeichnung der Podiumsdiskussion und den Fragen aus dem Publikum: