Am 8. Dezember 2017 startet das neue Format „Das Muslimische Quartett“ der Alhambra Gesellschaft. Zu Gast in Köln ist der deutsch-türkische Schriftsteller Feridun Zaimoglu, der mit seinem Buch „Kanak Sprak – 24 Mißtöne vom Rande der Gesellschaft“ 1995 für Furore sorgte und Thorsten Klute, Staatssekretär a.D. im NRW Integrationsministerium, der ab Januar 2018 der AWO in Ostwestfalen-Lippe vorstehen wird.
Das Muslimische Quartett will mit Zaimoglu und Klute aus der Aktualität heraus das Thema „Heimat und Heimatfindung – Junge Muslime in Deutschland“ aufgreifen und Grundfragen der Verortung von jungen Muslimen in Deutschland aus unterschiedlichen Perspektiven diskutieren.
Das Thema „Heimat und Heimatfindung – Junge Muslime in Deutschland“ soll im Muslimischen Quartett aus verschiedenen Perspektiven diskutiert werden, denn sowohl der öffentliche Religionsdiskurs in Form der Islamdebatte, als auch die Debatte um und mit der Türkei haben innerhalb der türkeistämmigen und muslimischen Community in Deutschland zu Polarisierungen geführt. Sowohl türkeistämmige Jugendliche, aber aufgrund der religiösen Unterfütterung der Türkei-Debatte als auch muslimische Jugendliche, beklagen ein fehlendes Gehör für ihre Anliegen und ihre Themen. Immer häufiger hört man als Kritik an „die“ Gesellschaft, dass ihre Positionen in den Debatten nicht vorkommen, wobei die eigenen Positionen selten differenziert vorgebracht werden.
Diese als symptomatisch-reflexhaft zu bezeichnenden Reaktionen sind zwar einerseits stark von der jeweils eigenen Subjektivität der Jugendlichen abhängig, sie zeigen aber zumindest, dass es ihnen an Zugangsmöglichkeiten zu einem differenzierten Diskurs und differenzierten Positionen zu Themen des Heimatsbezugs oder Religion allgemein und der eigenen Religiosität fehlt.
Entsprechend ist im medialen Bereich viel zu häufig zu erleben, dass muslimische und migrantische Positionen in Talkshows nach vorgeprägten Rollenmustern „besetzt“ werden. In einem Setting, das oft von Stereotypen und fremdbestimmten Denkschablonen geprägt ist, kann kein offenes Gespräch und kein Meinungsstreit inhaltlich divergenter Positionen, in den auch selbstkritische Perspektiven einfließen sollen, konstruktiv gestaltet werden. Vielmehr führen solche Rahmenbedingungen (und Prädispositionen) nur dazu, dass die RednerInnen sich in den ihnen zugewiesenen Rollenmustern verschanzen und als ApologetInnen der mit ihnen assoziierten Standpunkte agieren.
Jugendlichen ohne Diskurserfahrung erscheint dieses Setting zudem als unnahbar. Sie können den laufenden politischen Diskurs nicht in ihrem lebensweltlichen Zusammenhang verorten und öffnen sich stattdessen den ApologetInnen der „einfachen Antworten“ auf komplizierte Fragestellungen. Jugendliche mit Migrationserfahrung in dritter und vierter Generation stehen damit in einem Spannungsverhältnis zwischen dem körperlichen Dasein im hier und jetzt aber einer mentalen Verortung in einem entfernten politischen und gesellschaftlichen Milieu, das sie weder kennen noch kennenlernen können.
Das Muslimische Quartett will als neues Format diese Rahmenbedingungen aufbrechen. In diesem Format der politischen Bildung geht es weniger darum, dass MuslimInnen sprechen, sondern darum, was sie zu sagen haben. Nicht die Einordnung eines Redners/einer Rednerin in ein vorgefertigtes Rollenmuster steht im Zentrum der Rezeption der Debatte, sondern die tatsächlich vertretenen Meinungen und deren Aufeinanderprallen in der Kontroverse mit anderen RednerInnen. Das Muslimische Quartett wird sich mit dem Thema Heimat, Heimatfindung und der Frage von Exklusivität oder Inklusivität von Heimat beschäftigen. Was macht das Heimatgefühl aus? Gibt es eine Heimatliebe ohne Eifersucht? Kann man seiner Heimat untreu werden? Kann man mehr als nur eine Heimat haben? Gibt es überhaupt ein Konzept von Heimat in den islamischen Quellen? Kann man seine Heimat verlieren, sie aufgeben oder ihr beraubt werden? Wie wirkt sich Heimatverbundenheit auf unseren konkreten Alltag aus? Was bedeuten die Antworten auf diese Fragen in den Lebenswelten muslimischer Jugendlicher? All diesen und ähnlichen Fragen soll mit dem Format des Muslimischen Quartetts nachgegangen werden.